Eine simple Frage

 

Letzten Sommer war ich auf einem Workshop des Franzosen Daniel Odier, einem der bekanntesten westlichen Lehrer der tantrischen Phnilosophie.

Er unterrichtet auf Französisch (mit Simultanübersetzung), was seinen Lehren noch mehr Charme und Leichtigkeit verleiht. (Gut, wir alle wissen natürlich, dass man auf französisch die Bedienungsanleitung eines Staubsaugers vorlesen kann, und es klingt total tiefsinnig poetisch.)

Daniels Lehren kommen erfrischend schlicht und alltagstauglich daher. Besonders beeindruckt hat mich folgende Frage, die es in jeglicher Lebenssituation zu stellen lohnt: Nährt es oder leert es unser Herz?

Daran musste ich neulich nachts im Bett wieder denken, als ich nach einer „Binge-Watching“ Attacke meiner derzeitigen Lieblingsserie viel zu spät und seelisch erschöpft in die Kissen sank. Eindeutig geleert und kein bisschen genährt.

Diese Frage stelle ich mir häufiger, wenn ich mich mal wieder auf eine Verabredung eingelassen habe, auf die ich eigentlich keine Lust habe. Wenn ich mir noch einen Kaffee (ersetzt Kaffee an dieser Stelle durch Schokoriegel, Zigarette, ein Bier oder sonstige schlechte Angewohnheiten) geholt habe, nur weil ich das Gefühl hatte, ich müsse mich für irgendetwas belohnen bzw. entschädigen. Wenn ich in den Sozialen Medien am unwahrscheinlich glamourösen Leben diverser Yogalehrer-Kollegen teilgenommen habe, nur um mein eigenes Dasein hinterher etwas eintönig zu finden.

Nährt oder leert es unser Herz? Diese simple Frage ist eine potente Entscheidungshilfe, immer dann, wenn sich Zweifel in uns regen, wenn wir an großen oder kleinen Weggabelungen stehen und zögern. Sie ist der Moment des Innehaltens, bevor wir unseren energieraubenden Mustern, Süchten und Automatismen nachgeben. Sie ist der Kompass, der uns in die Fülle eines erwachten Lebens führt.